Buchbesprechung
Die Wüste Internet
Geisterfahrten auf der Datenautobahn
von Clifford Stoll
S.Fischer Verlag, ISBN 3 10 075105 1Der Autor Clifford Stoll wird dem informierten Leser wohl noch gut in Erinnerung sein mit seinem ersten Buch "Kuckucksei", in welchem er sehr anschaulich schildert wie er über ein Jahr lang deutsche Hacker in amerikanischen Internet-Computern gejagt hat.
Mit seinem zweiten Buch welches in der amerikanischen Originalausgabe "Silicon Snake Oil" heißt, verläßt Stoll den Bereich der Hackerjagd und macht sich so seine Gedanken über die Realiät in den Computernetzen, über die Versprechungen die von Industrie und Politik in Bezug auf diese Netze gemacht werden und wie die Zukunftsaussichten dieser Technologie und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft sind.
Das Buch ist unterhaltsam zu lesen, kurzweilig und sehr anschaulich geschrieben. Doch sind deshalb die Gedanken die sich Stoll über die Datennetz-Manie der letzten Zeit macht keineswegs als versponnen abzutun. Der erfahrene und langjährige Net-Surfer wird ohne Probleme in der Lage sein, viele Gedanken die von Stoll aufgegriffen werden zu bestätigen. Und so macht das Buch in einigen Passagen einen geradezu technikfeindlichen Eindruck, geschrieben von einem Griesgram der die moderne Welt nicht mehr versteht. Doch damit legt Clifford Stoll seinen Finger in genau jene Wunden (und technische Unzulänglichkeiten und Probleme) des Internets, die hinter der Hochglanzfassade des World Wide Web gerne übersehen werden. Egal ob es sich um Staus auf dem Datenhighway handelt, um den rüden Ton im Usenet, das schlechte Signal/Rauschen Verhältnis im Internet oder zuviel schlechte und unnütze Information die das Netz belagern.
Stoll versucht mit diesem Buch einen Gegensatz zur weitverbreiteten Technikgläubigkeit gewisser Kreise zu setzen, die uns immer wieder das Heil durch die Netze predigen, selbst aber mitunter keinen Computer bedienen können. Und so lautet auch die Buchbeschreibung auf der Rückseite so treffend: "So wunderbar, wie sie uns versprochen wurde, ist die schöne neue Welt des Internet gar nicht".
Zwar muß man nicht in allen von Stoll getroffenen Aussage mit ihm übereinstimmen, doch bei näherem Hinschauen und Nachdenken wird man das eine über das andere Mal Clifford Stoll recht geben müssen. Egal ob er nun den Karteikartenkästen in Bibliotheken nachtrauert oder trocken feststellt, daß das Leben mehr und interessantere Erfahrungen bietet als das stundenlange Sitzen vor dem Computer.
Wer der englischen Sprache mächtig ist, sollte auf alle Fälle die amerikanische Originalausgabe lesen. Er wird mit Wortspielen belohnt, die in der deutschen Fassung teilweise der Übersetzung zum Opfer fiehlen.
Copyright (C) 04/1996 by Howard Fuhs