Moderne Zeiten
Probleme durch technischen Fortschritt
Copyright (C) 08/1997 by Howard Fuhs
Selbst Charlie Chaplin konnte nicht erahnen, wie kompliziert moderne Zeiten sein können.
Als Stahlbaufirma ist man seit 48 Jahren am Markt und stolz auf die vollbrachten Leistungen. Alles ansehnlich dokumentiert in einem kompletten und beispielhaft organisierten Zeichnungsarchiv. Egal ob eine technische Zeichnung aus dem Jahr 1994 oder aus dem Jahr 1954. Alles ist binnen weniger Minuten greifbar. Doch mit diesem altmodischen auf Papier basierenden Zeichnungsarchiv ist nun Schluß. Ab sofort werden alle Zeichnungen auf Computern erstellt, digital abgespeichert, archiviert und verwaltet. Doch wer kann in 48 Jahren noch digitale Archive aus dem Jahr 1997 lesen?
Dieses vermeintlich erst in vielen Jahren auftretende Problem plagt bereits heute viele Computeranwender. Denn nichts ist so vergänglich wie digital gespeicherte Daten. So kann die NASA heute auf Konstruktionsdaten von Raketen nicht mehr zugreifen weil die Datenbänder nicht mehr lesbar sind oder die Computer und Programme zum Auslesen der Bänder nicht mehr existieren. Das Problem der Haltbarkeit von digital gespeicherten Daten läßt sich in zwei Kategorien unterteilen. Ein grundsätzlich technisches Problem und das Problem der technischen Innovation.
Technische Probleme
Dabei handelt es sich um physikalische oder fertigungstechnische Probleme die nur schwer oder gar nicht gelöst werden können. Heute kann niemand verläßliche Aussagen über die langfristige Haltbarkeit von Datenträgern machen. Auch die Hersteller von Datenträgern äußern sich zu diesem Thema sehr verhalten oder gar nicht. Die physikalischen Probleme sind z.B. das Erdmagnetfeld und die Oberflächenoxidation. Das Erdmagnetfeld ist in der Lage über viele Jahre hinweg die gespeicherten magnetischen Informationen dahingehend zu verändern, dass im schlimmsten Fall alle Daten verloren gehen. Auch die Oberflächenoxidation von Datenträgern ist oftmals die Ursache für Datenverlust. Einfach ausgedrückt, wird eine Diskette unsachgemäß gelagert (z.B. durch zu hohe oder wechselnde Luftfeuchte) "rostet" die datenspeichernde Metallschicht.
Zu diesen von der Umwelt verursachten Problemen kommen noch fertigungstechnische Probleme in Form von Materialauswahl und Materialhaltbarkeit hinzu. Magnetische Datenträger bestehen aus flexiblen Materialien (z.B. Floppy-Disks oder Streamer-Bänder). Um Kunststoffe flexibel zu machen werden dem Material bei der Herstellung Weichmacher zugegeben. Diese chemischen Weichmacher können über längere Zeit flüchtigen, wodurch die Kunststoffbasis des Datenträgers spröde wird und bricht oder reißt.
Auch die Haltbarkeit von CD-ROMs scheint begrenzt zu sein. Hier liegt das Problem weniger im Polycarbonat-Trägermaterial sondern vielmehr in der Qualität mit welcher die Metallschicht aufgebracht wird. Aber auch der Aufdruck auf CD-ROMs kann deren Lebensdauer negativ beeinflussen. So können aufgedruckte Farben im Laufe der Jahre die unterliegende Metallschicht chemisch angreifen und beschädigen.
Probleme durch technischen Fortschritt
Gemäß einem Sprichwort ist der technische Fortschritt durch nichts aufzuhalten. Spätestens seit der Verbreitung von Computern kann das Sprichwort als bestätigt gelten. Die Innovationszyklen für Hard- und Software werden immer kürzer. Im Zuge dieser Innovationszyklen werden nicht nur neue Datenformate entwickelt sondern auch neue Datenaufzeichnungsverfahren und neue Datenträger die über einen längeren Zeitraum ältere Speichertechnologien obsolet machen. Es sei hier nur an die 5,25" Diskette erinnert. Über gängige Handelskanäle sind die passenden Floppy-Laufwerke nicht mehr erhältlich.
Auch was die Datenformate anbelangt, besteht Gefahr diese nicht mehr lesen zu können. Eine Datenbank aus dem Jahr 1987, erstellt unter der Software "Open Access II" kann heute faktisch nicht mehr gelesen werden. Denn wer verfügt heute noch über eine Kopie dieser Software. Selbst die Verfügbarkeit einer alten Kopie garantiert nicht deren Einsatzfähigkeit auf modernen Computerplattformen. Eine Software die ursprünglich für 8086 und 80286 Plattformen programiert wurde muss nicht automatisch auch auf einem 80486 oder Pentium Prozessor laufen.
Der Computer erlaubt es dem Anwender eine wesentlich höhere Datenmenge in kürzerer Zeit zu bearbeiten, doch laufen wir Gefahr in einigen Jahren das mit den Computern erarbeitete Wissen wieder zu verlieren weil die Daten aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr lesbar sind. Sollte uns erst dann dieser Verlust auffallen ist es zu spät. Das Wissen / die Daten können nicht wiederhergestellt werden. Fällt der Verlust nicht auf stellt sich unweigerlich die Frage warum wir heute soviel Zeit damit verschwenden Daten zu bearbeiten, die für die Zukunft unwichtig und unbedeutend sind. So unbedeutend, das uns deren Verlust nicht auffällt.
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