Howard Fuhs
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IT-Sicherheitsberater
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Linux-Migration bei Mittelständlern

Copyright (C) 04/2001 by Howard Fuhs


Abstract

Gerade in kleinen und mittelständigen Unternehmen ist der optimale Einsatz von IT-Resourcen ein Garant für die erfolgreiche Teilnahme am weltweiten Wirtschaftsgeschehen denn sowohl von den Personal- wie auch von den Finanzresourcen ist dieser Unternehmenstyp auf Effizienz angewiesen. Beides ist in der Regel knapp bzw. nicht ausreichend vorhanden. Durch eine Migration weg von proprietären Betriebsystemen hin zu Linux und Open Source Software-Lösungen können mittelständige Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und gleichzeitig Kosten senken. Anhand von praktischen Erfahrungen bei der Migration von drei Unternehmen hin zu Linux sollen die Vorbereitungen und Schwierigkeiten der Migration aufgezeigt werden.

Analysiert man die IT-Probleme von kleinen und mittleren Unternehmen so stellt man schnell fest, daß die Kosten für Anschaffung und Unterhaltung sowie das Know-How in Form von qualifizierten Mitarbeitern die Spitzenplätze der Problemliste belegen. Das technische Know-How in Form von Administratoren ist nicht oder nur gering vorhanden, was bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation für qualifizeirte Computerfachkräfte kein Wunder darstellt, und die Anschaffungs- wie auch die Unterhaltungskosten für vernünftige IT-Lösungen werden als zu hoch empfunden. Hinzu kommen die üblichen technsichen Probleme mit Inkompatibilitäten, zu niedriger Performance sowie mangelhafter Zuverlässigkeit verschiedener Systeme.

Welche Kriterien aber sind für mittelständige Unternehmen ausschlaggebend im Bereich der IT-Lösungen? Was in einigen Kreisen als die Total Cost of Ownership bezeichnet wird und damit ganz einfach als Anschaffungspreis zuzüglich der Kosten für die laufende Unterhaltung des Systems definiert wird, ist nicht alles was eine gute IT-Lösung ausmachen. Denn die Total Cost of Ownership werden ebenfalls durch Kriterien beinflusst wie Funktionalität, Zuverlässigkeit, Performance, Langlebigkeit und System Management.

 

Linux gegen den Rest der Welt

Bevor ein Unternehmen sich für ein Betriebssystem entscheidet sollten zuerst einige Abwägungen bezüglich der Vor- und Nachteile spezieller, am Markt vorhandener Betriebsysteme getroffen werden, die für die Unternehmensbedürfnisse in Frage kommen. Diese Vor- und Nachteile sind in der Praxis für die Höhe der Total-Cost-of-Ownership entscheident und sollten nicht unterschätzt werden. Ist ein kommerzielles System einmal in einer Organisation implementiert ist mittelfristig aus Kostengründen nicht damit zu rechnen, daß auf ein anderes System umgestellt wird.

Die wichtigsten Gründe die für Linux sprechen, dürften die Leistungsfähigkeit, der Anschaffungs- und Lizenzpreis sowie die Betriebsstabilität und die Flexibilität von Linux sein.

Der Anschaffungspreis von Linux ist wohl derzeit konkurrenzlos gemessen an den Anschaffungs- und Lizenzpreisen kommerzieller Software. Linux ist "kostenlos". Wer über eine schnelle Internet-Anbindung verfügt, kann sich alle Linuxkomponenten und die benötigte Anwendersoftware aus dem Internet herunterladen. Üblicher dürfte heute die Anschaffung einer Linux-Distribution sein, die mit 80.-DM bis 130.-DM zu Buche schlägt. Darüber hinaus darf Linux gemäß der GPL-Lizenz für Open Source Software kopiert, weitergegeben oder auf so vielen Rechnern installiert werden wie man möchte. Bedingt durch diese Erlaubnis zur uneingeschränkten Weiterverbreitung von Linux ist ein Unternehmen damit in der Lage, lizenzrechtliche Probleme, wie sie bei dem Einsatz von kommerzieller Software entstehen können, zu eliminieren. Dies ist vor allem für Unternehmen interessant, weil dort der Geschäftsführer bei Verstößen gegen die Lizenz- bzw. Urheberrechte persönlich haftbar ist, unabhängig davon wer den Verstoß begangen hat.

Durch den niedrigen Preis und die lizenzrechtlichen Bedingungen ist der Einsatz von Linux aus kaufmännischer und rechtlicher Sicht für Unternehmen konkurrenzlos günstig.

Die Flexibilität von Linux erlaubt es einem Unternehmen vom Datei-Server über die Internetanbindung, Firewall und Webserver bis hin zum Data Warehouse alles über ein Betreibsystem zu realisieren. Darüber hinaus ist man in der Lage auch auf älteren Computern mit weniger RAM mit Linux arbeiten zu können was die Nutzbarkeit von vorhandenen Computern deutlich verlängert und die Anschaffungszyklen für neue Hardware deutlich erweitert. Dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt wenn man die aktuellen Abschreibungsfristen für Computer in Relation mit der tatsächlichen Einsetzbarkeit unter kommerziellen Betriebssystemen betrachtet.

Professionelle Anwendersoftware ist für Linux kostenlos erhältlich oder zu einem wesentlich geringeren Preis als vergleichbare Windows Software. So gibt es z.B. die Bildbearbeitungssoftware GIMP oder das deutsche Star Office Paket kostenlos.

Bedingt durch die Veröffentlichung aller Informationen über Linux bis hin zum Sourcecode ist man als Unternehmen beim Support nicht ausschließlich auf den Hersteller angewiesen, der theoretisch über alle nötigen Produktinformationen verfügt. Kompetenter Linux-Support wird von vielen Fachunternehmen und Linux-Distributoren zur Verfügung gestellt. Damit kann sich der Anwender den leistungsfähigsten Serviceanbieter auf dem Markt auswählen.

Als echtes Multiuser- und Netzwerkbetriebssystem ist Linux mit wirkungsvollen Sicherheitsmechanismen ausgestattet, die eine einfache und sichere Administration und Rechtevergabe unter den unterschiedlichsten Bedingungen erlauben. Die Multiuser-, Multitasking- und Multithreading-Fähigkeit erlaubt die Realisation von sehr leistungsfähigen Applikationsservern und Datawarehouse-Systemen.

Linux läuft nicht nur auf Intel-Prozessoren. In den letzten Jahren wurde Linux auf verschiedene Rechnerprozessoren portiert, darunter Motorola 680x0 Prozessoren, Sun SPARC, DEC Alpha, MIPS, ARM sowie PowerPC. Dadurch lassen sich mit Linux auch heterogene Computernetze unter Verwendung unterschiedlicher Plattformen in einem Unternehmen realisieren, ohne dabei unterschiedliche Betriebssysteme verwenden zu müssen.

Durch die Verwendung von Linux ist man als Unternehmen nicht auf Gedeih und Verderb an einen einzigen Betriebssystem-Hersteller gebunden.

 

Investitionsschutz

Gerade im Bereich der kommerziellen Software mußte bisher festgestellet werden, daß neue Softwareversionen kaum oder nicht kompatibel zur Vorgängerversion sind und die neue Version mitunter neuere, leistungsfähigere Hardware benötigt. Damit konnte davon ausgegangen werden, daß die Investition in ein kommerzielles Betriebssystem und Office-Paket höchstens 3 Jahre halten würde und danach Neuinvestitionen notwendig werden die nicht durch unternehmensinterne Vorgänge bedingt sind, sondern einfach durch den Updatezyklus kommerzieller Software einem Unternehmen aufdiktiert werden. Durch die Verlängerung dieser Updatezyklen und die Veranlassung von Updates durch betriebliche Vorgänge kann durch die Verwendung von Linux das IT-Budget entweder reduziert oder die Ausgaben auf wichtigere und sinnvollere Dinge anewandt werden. Auf alle Fälle wird es damit den Unternehmen ermöglicht, die IT-Kosten auf mittel- und langfristiger Basis zu berechnen und damit diese Kosten in den Griff zu bekommen.

Eine weiterer langfristiger Inverstitionschutz stellt die Tatsache dar, daß mit Linux der Sourcecode zur Verfügung gesetellt wird. Selbst wenn man mit allen Linux-Distributionen dieser Welt unzufrieden ist, kann man basierend auf dem Sourcecode Linux selbst weiterentwickeln oder die benötigten Lösungen selbst erarbeiten.

Das beste Beispiel für suboptimalen Investitionsschutz im Bereich kommerzieller Betriebssysteme stellte in der Vergangenheit z.B. OS/2 dar. Unternehmen die sich 1993/94 für OS/2 als technisch bessere Alternative gegenüber Windows entschieden, waren bedingt durch eine fast katastrophale Produktpolitik von IBM spätestens 1997 gezwungen in Richtung Windows zu migrieren.

 

Die Unternehmen

Die in diesem Beitrag beschriebenen Erkenntnisse wurden von 1999 bis heute bei der Migration von drei mittelständigen und international operierenden Unternehmen gewonnen. Die Unternehmen sind in den Geschäftsfeldern EDV-Dienstleistung, Maschinenbau/Gerätebau und Elektronikdienstleistung tätig. Für alle drei Unternehmen gilt ein Mitarbeiterstamm von siebzig bis hundertzwanzig Personen, eine eigene IT-Abteilung besetzt mit zwei bis vier Administratoren sowie eine IT-Umgebung die als über die Jahre gewachsen und stark heterogen bezeichnet werden kann. In allen drei Fällen ging die Initiative zur Linux-Migration zuerst von den Administratoren aus. In einem Fall hatten die Administratoren die gesamte Serverumgebung mitsamt dem Backoffice-Bereich bereits weitestgehend auf Linux umgestellt.

 

Entscheidungen

Nachdem einige der vielzähligen Vorteile von Linux aufgezeigt wurden, muß im Management des Unternehmens der klare Entschluß gefasst werden Linux im Unternehmen einzusetzen. Diese Managemententscheidung ist wichtig, damit sowohl der IT-Abteilung als auch dem normalen Anwender im Unternehmen klar wird, daß das Management die Migration hin zu Linux wirklich in vollem Umfang unterstützt.

Viele Unternehmen haben bisher den Fehler gemacht, daß von Seiten der IT-Abteilung zwar Linux zum Einsatz kam, das Management aber bei dem Versuch gänzlich auf Linux umzustellen jedem der damit nicht einverstanden war erlaubt hat sein altes, liebgewonnenes Betreibsystem beizubehalten. Dies führte zu einer unüberschaubaren IT-Landschaft mit wesentlich höheren Supportkosten hervorgerufen durch erhöhten Aufwand von Seiten der Administration. Um unnötige Kosten zu vermeiden müssen deshalb vom Management klare Entscheidungen getroffen werden. Diese „Sekt oder Selters” Einstellung soll verhindern, daß unternehmenspolitisch bedingte Kompromisse getroffen werden welche in der Praxis sich als funktionell untauglich erweisen. Es mag zwar sein, daß solche Kompromisse Politikern gut zu Gesicht stehen würden, welche fiskalische Kosten solche Kompromisse mit sich bringen kann jeder ermessen der sich die bundesdeutsche Haushaltspolitik der letzten Jahrzehnte betrachtet.

 

Migrationspfade

Für kleine und mittelständige Unternehmen gibt es verschiedene Migrationspfade hin zu Linux. Am einfachsten haben es die Unternehmen die bei der Planung ihrer Informationstechnologie von Anfang an auf Linux setzen. Doch bei den meisten Unternehmen sind bereits andere Betriebssysteme im Einsatz und deshalb muß ein Migrationsplan erarbeitet werden.

Die möglichen Migrationspfade lassen sich grob in zwei Bereiche unterteilen. Dabei wäre die erste Möglichkeit eine Migration hin zu Linux im Bereich Serversysteme und Backoffice. Bei dieser Lösung würden die Client-Systeme im Netzwerk unangetastet bleiben. Diese Migrationsmöglichkeit ist relativ einfach und für den Endanwender unbemerkt durchführbar. Das Problem dieser Lösung liegt in den nicht voll ausgeschöpften Einsparungsmöglichkeiten, die Linux als langfristige Investition bietet.

Die zweite Möglichkeit der Migration ist die Umstellung aller Systeme auf Linux also von den Servern bis hin zu den Clients. Dies ist die umfangreichste und wohl auch die schwierigere Migration hin zu Linux, bringt aber nach erfolgreicher Implementierung in allen Bereichen die deutlichste Ersparnis für das Unternehmen und stellt die sicherste Methode zur langfristigen Investitionsabsicherung dar.

Migrationspfade

Im nachfolgenden soll die komplette Umstellung auf Linux als Migrationspfad vorgestellt werden, da dies die wohl umfangreichste und schwierigste Art der Migration darstellen dürfte.

 

Projektplanung

Um eine solch umfangreiche Migration als Projekt vorzubereiten, müssen verschiedene Vorstufen durchlaufen werden, um das Projekt an sich erfolgreich durchführen zu können. Es handelt sich ja nicht nur um eine Erweiterung und Neugruppierung des unternehmenseigenen Netzwerks, sondern darüber hinaus auch um eine Portierung von umfangreichen Arbeitsabläufen auf eine neue Betriebssystemplattform im Client-Bereich unter Verwendung von neuer Anwendersoftware.

In der ersten Durchführungsstufe muß eine Soll-Vorgabe ermittelt werden. Dabei können die Verantwortlichen der Firmenleitung und der IT-Abteilung ihre Wünsche äußern, welche Funktionalität sie gerne haben möchten, was es maximal kosten darf und in welchem Zeitraum die Soll-Vorgabe erreicht werden soll.

Um diese Informationen zu bekommen muß ein Fragenkatalog erarbeitet und in elektronsiche Form umgesetzt werden. Dieser Fragenkatalog sollte von jedem Mitarbeiter des Unternehmens (natürlich auf freiwilliger Basis) ausgefüllt und anschließend automatisch ausgewertet werden. Die dabei entstehende Statistik stellt ziemlich genau die wunschmäßigen Schwerpunkte der Anwender dar. Darüber hinaus ist es natürlich notwendig Gespräche mit der Geschäftsleitung sowie mit Abteilungsleiter und sonstigen Führungskräften im Unternehmen zu führen.

Je nach Größe und Strukturierung des Unternehmens ist für die Ermittlung der Soll-Vorgabe ein Zeitraum von zehn bis vierzehn Arbeitstagen anzusetzen.

 

Analyse der Arbeitsprozesse

Um eine Portierung der Arbeitsprozesse von Windows auf Linux zu ermöglichen, müssen die einzelnen unternehmensinternen Arbeitsprozesse aus der alltäglichen Praxis heraus fixiert und analysiert werden. Desweiteren muß ermittelt werden, welche Funktionalitäten für welche Arbeitsprozesse benötigt wurden, welche Softwarepakete diese Funktionalitäten bisher zur Verfügung gestellt haben und mit welcher Software der Arbeitsprozess zukünftig zuverlässig abgewickelt werden kann. Als Abfallprodukt dieser Arbeitsprozessanalyse können die Arbeitsprozesse an sich stark optimiert und reduziert werden, sowie die Anzahl der verwendeten unterschiedlichen Programme und Software-Pakete erheblich reduziert werden. Die Optimierung der Arbeitsprozesse sowie die Einsparung an Lizenzgebühren für unnötig angeschaffte Software erbringen eine erhebliche Einsparung für das Unternehmen, so dass sich die geplanten Maßnahmen zur Neustrukturierung des Netzwerks mitunter wesentlich schneller rechnen werden als geplant.

Bei der Analyse der Arbeitsprozesse ergibt sich nochmals die Gelegenheit, die Wünsche der Endanwender in Bezug auf die EDV zu erfahren. Wie die Erfahrung aus der Praxis gezeigt hat sind die Wünsche der Endanwender oftmals nicht deckungsgleich mit den Wünschen der Unternehmensleitung und der IT-Abteilung. Von den Anwendem kommen nicht nur sinnvolle Anregungen zum benötigten Leistungsumfang von Software und der Optimierung von Arbeitsprozessen, sondern auch wertvolle Hinweise zu Datensicherheitsproblemen im bereits bestehenden Netzwerk.

Was den Umfang der Arbeitsprozessanalyse anbelangt, muß an dieser Stelle gesagt werden, je präziser ein Arbeitsprozess im Vorfeld analysiert und auch gegebenenfalls optimiert wird, desto reibungsloser läßt sich dieser Arbeitsprozess später auf Linux umstellen. Unternehmen die nach ISO 9000ff zertifiziert sind haben hier den entscheidenden Vorteil, daß sie bereits über Arbeitsplatz- ud Tätigkeitsbeschreibungen verfügen, also einen erheblichen Teil der Arbeitsprozessanalyse in der ISO 9000 Dokumentation bereits vorhanden ist bzw. sich aus dieser ableiten läßt.

Wichtig ist, daß aus der Analyse klar folgende Informationen hervorgehen:

Es wäre auch durchaus denkbar, daß die Migration zu Linux in einem Unternehmen genutzt wird um durch die Arbeitsprozessanalyse die ISO 9000 Zertifizierung zu erlangen.

Abhängig von der Größe und Strukturierung des Unternehmens sowie der Anzahl und Komplexität der Arbeitsprozesse muß für deren Analyse ein Zeitraum von mehreren Wochen bis hin zu drei Monaten angesetzt werden.

 

Definition der Standard-Software

Nachdem die Analyse der Arbeitsprozesse abgeschlossen ist, kann aus den gewonnen Informationen eine Bedarfsanforderung für die zukünftige IT-Umgebung abgeleitet werden. Dabei wird festgelegt, mit welchen Programmen in Zukunft unter Linux welche Arbeiten verrichtet werden und welche Datenformate in Zukunft für den innerbetrieblichen wie auch außerbetrieblichen Datenaustausch Verwendung finden. Es sollten dabei nur offene Datenformate Verwendung finden, also keine proprietären Formate wie z.B. Word für Windows Dokumente sondern RTF-Dateien für formatierte Textdateien. Als unternehmensweites Office-Paket kann Applixware Office oder Star Office eingeführt werden. Als Serverlösungen kommen Samba als Fileserver und Apache als Intranet-Server und Web-Server für das Internet zum Einsatz.

Durch die Open Source Herkunft von Linux und größten Teilen der Anwendersoftware ist hier nun auch die Möglichkeit gegeben, die später im Unternehmen als Standardsoftware eingesetzte Lösung individuell an die Arbeitsprozesse sowie die Anwenderbedürfnisse anzupassen. Durch diese Anpassung können auch Arbeitsprozesse vereinfacht und/oder automatisiert werden.

 

Externer Support

Abhängig davon, wie erfahren das unternehmenseigene Administrationsteam mit dem Einsatz von Linux ist, sollte bei der abschließenden Planung ebenfalls berücksichtigt werden, welche externe Unterstützung man hinzuzieht bzw. einkauft um die Migration reibungslos in dem gesteckten Zeit- und Kostenrahmen durchzuführen. Sind hier hausinterne Engpässe zu erwarten empfiehlt es sich dringend nicht auf externe Hilfe zu verzichten, notfalls sogar das ganze Migrationsprojekt komplett an ein externes Unternhemen zu vergeben.

Muß, bedingt durch mangelnde Erfahrung im eigenen Unternehmen, erst langwierig herumexperimentiert werden, werden damit sowohl der Zeit- als auch der Kostenrahmen binnen kürzester Zeit gesprengt. Dem kann man durch Outsourcing an entsprechende Vertragspartner erfolgreich vorbeugen.

 

Erste Migrationsschritte

Die ersten Migrationsschritte müssen zuerst im Server- und Backoffice Bereich erfolgen. Wie bereits Anfangs erwähnt, kann hier eine Migration erfolgen, ohne daß diese vom Anwender während seiner alltäglichen Arbeit wahrgenommen wird, da es ihm z.B. nicht auffallen wird ob er nun auf einen NT Fileserver oder Samba Fileserver zugreift oder sein Druckauftrag an einen NT- oder Linux-Druckerserver geht. Die Umstellung der einzelenen Server und Back-Office Lösungen kann sukzessive erfolgen (Fileserver, Datenbankserver, Intranet, Webserver, Faxserver, Groupware, etc.). Hier kann der Administrator während der Migration auch entsprechende Linux-Erfahrung sammeln, die ihm später bei der Umstellung der Clients auf Linux hilfreich sein wird.

Während dieses Umstellungsprozesses benötigt ein erfahrenes Administrationsteam erfahrungsgemäß nur wenig Hilfe von außerhalb bzw. nur um Zeitvorgaben einhalten zu können. In allen drei Fällen konnte der Server- und Backoffice-Bereich in einer Zeitspanne von sechs bis zehn Wochen umgestellt werden.

 

Migration der Clients

Etwas anderes ist es, die im Unternehmen vorhandenen Clients auf Linux zu portieren, denn hier gelten andere Regeln bedingt durch eine umfangreichere Problemstellung hervorgerufen durch die Anwender und die Berücksichtigung der einzelnen Arbeitsprozesse.

Nachdem man unternehmensweite Standards für Softwareund Datenformate definiert hat, kann die Portierung der Client-Computer nach Linux in Angriff genommen werden. Bedingt durch die mitunter hohe Anzahl von computerunkundigen Anwendern in einem Unternehmen muß von vorneherein klar sein, daß eine Client-Lösung nur mit grafischer Benutzeroberfläche in Frage kommt. Als grafische Benutzeroberflächen stehen unter Linux KDE und GNOME als die weitverbreitetsten zur Verfügung die auch für den Einsatz als sinnvoll zu erachten sind. In den bisher durchgeführten Migrationen entschied man sich für KDE, da hier die Programmierarbeiten am weitesten fortgeschritten sind im Vergleich zu GNOME und sowohl Stabilität als auch Leistungsumfang sowie die vorhandene Software überzeugten.

Bevor mit dem Roll-Out der Clients im Unternehmen begonnen wird, sollte die entsprechende Linux-Installation wie auch die Anwendersoftware standardisiert werden. Dadurch wird bei späteren Supportfragen sichergestellt, daß auf allen Rechnern die gleichen Tools und Programme vorhanden sind. Diese Standardisierung sollte auch bei den Anwenderrechten wie auch bei datensicherheitsspezifischen Konfigurationen angewendet werden. Nachdem man sich auf einen Standard geeinigt hat, sollte dieser kurz auf Funktionsfähigkeit und Alltagstauglichkeit getestet werden. Dieser Test kann pro Arbeitsprozess drei bis acht Arbeitstage in Anspruch nehmen. Hier machen sich spätestens die Versäumnisse bemerkbar, die man bei der Analyse der Arbeitsprozesse begangen hat. Die getestete Standardinstallation sollte im Unternehmen sowohl auf CD-ROM als auch über Server vorhanden bzw. abrufbar sein.

Auch wenn die Unternehmensleitung sich klar zur Migration zu Linux bekennt, sollte Linux im Client-Bereich nicht mit der Brechstange eingeführt werden. Hier gilt es psychologisch geschickt vorzugehen, denn nichts ist schlimmer als bereits in der Anfangsphase zu scheitern. Das würde die mögliche Akzeptanz der Anwender gegenüber Linux stark vermindern und im Rahmen der Migration zu Problemen führen.

In der Anfangsphase sollte zuerst eine Abteilung als "Beta-Test" auf Linux-Clients umgestellt werden. Um Probleme in der Praxis zu vermeiden, sollte hierfür eine Abteilung ausgewählt werden, die sich für diese Aufgabe freiwillig meldet und vom Personalumfang her überschaubar ist, d.h. maximal zehn bis zwanzig Personen. Gleiches gilt für die Arbeitsprozesse. Eine Abteilung in der alle Arbeitsprozesse zusammenlaufen eignet sich nicht für den ersten Test.

Durch die Freiwilligkeit ist mit weniger innerem Widerstand von unwilligen Anwendern und damit mit einer höheren Erfolgsaussicht zu rechnen. Die während dieses Beta-Projekts gemachten Erfahrungen können dann später bei anderen Abteilungen berücksichtigt werden, was eine reibungslosere Portierung der Geschäftsprozesse auf die Linux-Basis zur Folge hat.

Für die Umstellung dieser ersten Abteilung müssen ca. fünf Arbeitstage zur technischen Vorbereitung und anschließend mindestens zehn bis zwanzig Arbeitstage für das Fine-Tuning innerhalb der Abteilung gerechnet werden.

 

Schulung der Anwender

Die größten Probleme beim Endanwender wird die Umstellung auf die im Detail unterschiedliche Bedienungsweise der grafischen Benutzeroberfläche (KDE/GNOME) mit seinen Anwendungsprogrammen bereiten. Hier sei nur an die zusätzliche und unter Windows absolut unübliche Belegung der mittleren Maustaste erinnert (falls an der Maus vorhanden). Hier zeigte sich besonders deutlich der Unterschied in der Bedienung zwischen KDE und Windows.

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen ist zu Anfang eine entsprechende Anwenderschulung unumgänglich. Die Schulung sollte sich auf die grafische Benutzeroberfläche (KDE/GNOME) und die verwendete Standardsoftware bezeihen und weitestgehend praxisbezogen sein, d.h. falls organisatorisch möglich am Computer mit dem der Anwender in Zukunft arbeiten wird.

Je nach computertechnischer Vorbildung des Anwenders werden für diese Schulung zwei bis vier Tage benötigt. Sollten beim Einsatz in der Praxis noch Probleme auftreten, so kann zu einem spätern Zeitpunkt eine eintägige Nachschulung durchgeführt werden die sich den häufigsten Problemen in der Praxis annimmt.

 

Support und Userhelpdesk

Weiterhin muß in den darauffolgenden Wochen mit einem erhöhten Supportaufwand gerechnet werden. In der Praxis zeigte sich, daß einzelne Anwender bis zu drei Monate brauchten, bis sie ihr Arbeitssystem beherrschten. Dies führte in der Anfangszeit der Umstellung zu erheblichem Supportaufwand für Endanwender durch das User-Helpdesk. Als Mittelwert kann hier von vier bis sechs Wochen ausgegangen werden, bis wieder Normalität eintritt. In den ersten beiden Wochen wurde zusätzlich noch durch externe Dienstleister das Supportaufkommen bewältigt.

Wegen der erhöhten Stabilität von Linux konnte mittelfristig der Supportaufwand auf ein normales Maß zurückgefahren werden. Nach einem Jahr lag dieser pro Client um ca. 10%-20% niedriger als erwartet.

Damit konnte im Bereich des Endanwendersupports ebenfalls eine Einsparung verzeichnet werden.

 

Praxiserfahrungen

Nach der erfolgreichen Migration hin zu Linux konnte nach Ablauf eines Jahres in den Unternehmen folgende Erfahrungen gemacht werden:

Im Bereich der Lizenzkosten und Lizenzgebühren sowohl für das Betriebssystem als auch für Applikationen konnten in den Unternehmen zwischen 30.000DM und über 120.000DM eingespart werden. Diese Summen machten sich aber erst bemerkbar, als z.B. das fällige Update auf Windows 2000 oder neue Netware-Versionen von den Unternehmen einfach ignoriert werden konnten. Die Neuanschaffung von Computern oder jegliche Erweiterung der IT-Landschaft kann durch Linux lizenzkostenfrei geschehen, was diese Geldeinsparnisse in die Zukunft verlagert.

Die Downtime verschiedener Systeme, die als mission critical einzustufen waren, war in der Praxis kaum noch messbar, was zu einer erheblichen Steigerung der Produktivität und einem wesentlich geringeren Supportaufwand von seiten der IT-Abteilung führte. Glänzten NT-Server mit mindestens einem Crash pro Woche, so verzeichneten Linux Server eine Laufzeit von Monaten ohne Probleme oder Reboot. Diese Performancesteigerung der Systeme führte zu Einsparungen was die Neuanschaffung von Servern anbelangte. In allen drei Unternehmen konnte die Neuanschaffung von mindestens zwei Servern in der Preisklasse zwischen 10.000DM und 20.000DM eingespart werden.

Durch das reaktivieren älterer Rechner für einfache Aufgaben wie Routing, Printserver usw. konnten auch in diesem Bereich Investition verschoben werden. Dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt wenn man die aktuellen Abschreibungsfristen für Computer in Relation mit der tatsächlichen Einsetzbarkeit unter kommerziellen Betriebssystemen betrachtet.

Als klarer Nachteil sah man bei den Geschäftsleitungen, daß in Ermangelung firmeninternen Know-Hows mehr externer Support in Anspruch genommen werden musste bzw. mehr Aufgaben an externe Dienstleister vergeben wurden. Darüber hinaus mußten Anwender einer entsprechenden Linux/KDE Schulung unterzogen werden die sowohl Zeit als auch Geld kostete.

Der Gesamtprozess der Migration war bei jedem der drei Unternehmen unterschiedlich. Der EDV-Dienstleister war mit acht Wochen am schnellsten umgestellt. Hier kam vor allem das Fachwissen der Anwender zum tragen was zu einem wesentlich geringeren Schulungs- und Supportaufwand führte. Obwohl durch die Migration Kosten verursacht wurden konnten binnen zwölf Monaten trotzdem Einsparungen von fast 100.000DM vermeldet werden, was dazu führte das mit der Migration auch noch ein kleiner Gewinn gemacht wurde.

Der längste Migrationsprozess fand bei dem Maschinenbau-Unternehmen statt und dauerte fast zehn Monate. Grund für diese lange Zeit war die komplexe Struktur der Geschäftsprozesse, der Einsatz von Spezialsoftware die für Linux nicht erhältlich war, die katastrophale IT-Umgebung in welcher fast alle gängigen Serverbetriebssysteme liefen sowie die Schulung und der Support für die große Zahl einfacher Anwender. Auch dieses Unternehmen konnte letztendlich sowohl bei Lizenzen als auch der EDV-Abteilung selbst Einsparungen von über 140.000DM im ersten Jahr vermelden.


Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar.

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