Howard Fuhs
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Bootsektor-Viren

Teil 2

Copyright (C) 05/1995 by Howard Fuhs


Inhalt:

    Einleitung

    Booten mit einem Boot-Sektor-Virus und seine Auswirkungen

    Das Entfernen eines Boot-Sektor-Virus

    Der undokumentierte DOS-Befehl FDISK/MBR

    Der SYS-Befehl zum Entfernen von Viren

    Anti-Viren-Programme für Boot-Sektor-Viren

    Doppelte Infektion des Boot-Sektors

    Das Booten des Computers

    Copyright-Hinweis
 


Einleitung

Wie schon in vorangegangenen Abschnitten kurz erwähnt, gibt es Computerviren, die bereits beim Booten des Computers die Kontrolle über das Rechnersystem übernehmen.

Diese Computerviren werden Boot-Sektor-Viren oder auch Boot-Sektor-Infektor genannt und machen sich eine Eigenart des Bootvorgangs zunutze: den INT 13h Aufruf von Zylinder 0, Spur 0, Sektor 1 durch das BIOS. An dieser Stelle einer Festplatte steht das Master-Boot-Record (MBR) oder bei einer Diskette der Boot-Sektor. Dieser Virustyp kann, abhängig von seiner Programmierung, den DOS-Boot-Sektor einer Diskette oder Festplatte oder das MBR einer Festplatte infizieren.
 
Der Boot-Sektor-Virus macht nun bei einer Infektion des MBR oder Boot-Sektors folgendes:

Er kopiert sich an die Stelle, wo sich normalerweise das MBR oder der Boot-Sektor befindet. Die dort normalerweise gespeicherten Daten werden von ihm aber nicht überschrieben und somit gelöscht. Wäre das der Fall, wäre eine Festplatte nach einer solchen Infektion nicht mehr bootfähig, und die Infizierung des Rechners würde damit sofort entdeckt. Das tatsächliche MBR wird vom Computervirus vorher an einen anderen Platz auf der Festplatte kopiert. Wo dieser Platz ist, hängt vom jeweiligen Boot-Sektor-Virustyp ab. Falls auf diesem Platz Daten gespeichert sind, werden sie vom kopierten MBR einfach überschrieben und gehen verloren. Die neue Stelle, an dem das MBR abgespeichert wurde, wird nun vom Computervirus gespeichert. Erst nachdem das MBR kopiert wurde, schreibt sich der Boot-Sektor-Virus an die Stelle des MBR. Wenn ein Boot-Sektor-Virus im Arbeitsspeicher des Rechners  resident wird, geschieht dies in der Regel im Top of Memory Bereich. Dadurch wird der Arbeitsspeicher für DOS reduziert, und bei einigen Viren wird dann auf Computern mit 640kB Hauptspeicher nur ein verfügbarer Hauptspeicher von 639kB oder weniger  angezeigt.

Abbildung 6: Funktionsweise eines Boot-Sektor-Virus


Booten mit einem Boot-Sektor-Virus und seine Auswirkungen

Der neue Bootvorgang eines Computers nach einer Infektion mit einem Boot-Sektor-Virus sieht nun wie folgt aus:

Nachdem man den Computer eingeschaltet hat, geht der   Bootvorgang seinen im Kapitel "Booten des Computers" beschriebenen Gang. Bis zu der Stelle, an der das BIOS auf Zylinder 0, Spur 0, Sektor 1 zugreifen will. Denn an dieser Stelle erwartet das BIOS das MBR. Das BIOS lädt nun aber an dieser Stelle den Boot-Sektor-Virus. Dieser Virus wird nun im Arbeitsspeicher aktiv und damit er nicht auffällt, teilt der Virus nun dem BIOS mit, wo es das tatsächliche MBR findet. Erst dann wird vom BIOS das tatsächliche MBR geladen. Und von hier ab geht der Bootvorgang wieder seinen normalen Gang. Nur mit dem Unterschied, daß sich nun ein Computervirus resident im Arbeitsspeicher befindet.
 
Jedesmal wenn man nun eine neue Diskette in ein Laufwerk einlegt, und auf dieses Laufwerk (bzw. auf die Diskette) zugreift, wird der Boot-Sektor-Virus aktiv und infiziert die Diskette. Wird diese Diskette nun zu einem anderen Computer gebracht und von dieser Diskette aus der Computer gebootet, so wird auch die Festplatte von diesem Computer mit dem Boot-Sektor-Virus infiziert. Viele werden jetzt sagen "wann boote ich schon mal von Diskette". Meistens passieren solche Infektionen durch das Vergessen einer Diskette in Laufwerk A:. Man schaltet den Rechner ein und bekommt die Fehlermeldung, daß diese Diskette nicht bootfähig ist. Man stellt fest, daß man diese Diskette im Laufwerk vergessen hat, darüber hinaus kann sie gar nicht bootfähig sein, da sie lediglich ein paar Dateien und kein Betriebssystem enthält. Und trotzdem hat man sich durch dieses Vergessen einen Boot-Sektor-Virus eingefangen.

Interessanterweise gibt es zur Zeit nur relativ wenige Boot-Sektor-Viren, die auch eine Diskette in Laufwerk B: infizieren. Viele Boot-Sektor-Viren sind nur auf Laufwerke mit der Bezeichnung A: oder C: programmiert, da es sich hier um die zwei Bootlaufwerke eines PC´s handelt. Das kann aber nicht zur Regel gemacht werden, da zu befürchten ist, daß sich diese Eigenschaft mit der Zeit auch ändern wird.


Das Entfernen eines Boot-Sektor-Virus

Leider kann ich hier nur einige allgemeine Angaben zur Entfernung von solchen Boot-Sektor-Viren machen, da solche Angaben von Boot-Sektor-Virus zu Boot-Sektor-Virus unterschiedlich sein können. Zwar speichert sich ein Boot-Sektor-Virus immer an der gleichen Stelle eines Datenträgers ab (nämlich im Boot-Sektor, Zylinder 0, Spur 0, Sektor 1), aber es kopiert und speichert nicht jeder Boot-  Sektor-Virus das MBR an der gleichen Stelle eines Datenträgers. Solche Dinge sind von den Programmierern der Viren abhängig. Generell kann man folgende Vorgehensweise anwenden:

Man bootet den Rechner mit einer sauberen, nicht infizierten, schreibgeschützten(!!!) Betriebssystemdiskette. Danach sucht man mit einem entsprechenden Hilfsprogramm (wie z.B. PC Tools oder Norton Advanced Utilities) nach dem MBR auf der Festplatte und kopiert es an seinen angestammten Platz (Zylinder 0, Spur 0, Sektor 1). Durch diese Aktion kann der Boot-Sektor-Virus überschrieben werden. Die Festplatte (bzw. der Datenträger) ist damit wieder virenfrei.

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz des Mirror Befehls der mit MS-DOS 5.0 und PC Tools mitgeliefert wird. Mit diesem Mirror Befehl kann man eine Kopie des Boot-Sektors und der Partition-   Table anfertigen, falls das System noch nicht infiziert ist. Sollte das System infiziert werden, so kann man mit dem Mirror Befehl den Boot-Sektor einfach durch eine nicht infizierte Kopie ersetzen.

Eine ähnliche Funktion wird auch von vielen guten Anti-Viren-Programmen angeboten.


Der undokumentierte DOS-Befehl FDISK/MBR

Eine weitere Möglichkeit besteht bei der MS-DOS Version 5.0 mit dem undokumentierten Befehl FDISK/MBR. Dieser Befehl schreibt ein neues Master-Boot-Record an den von ihm angestammten Platz. Es hat allerdings seine Gründe, warum dieser Befehl nicht in die offizielle Dokumentation übernommen wurde.


Der SYS-Befehl zum Entfernen von Viren

Sollte der DOS-Boot-Sektor eines Datenträgers infiziert sein, so kann man auch mit dem SYS-Befehl vom DOS den Virus überschreiben. Ohne genaue Identifizierung des Boot-Sektor-Virus oder ohne genaue Systemkenntnisse sollte man jedoch von einer  Entfernung des Boot-Sektor-Virus Abstand nehmen. In diesem Fall sollte man unter allen Umständen einen Fachmann hinzuziehen. Nachdem man eine Computervirusinfektion von einem Rechner entfernt hat, sollte man auf gar keinen Fall vergessen, alle Disketten auf eine Infizierung hin zu untersuchen!


Anti-Viren-Programme für Boot-Sektor-Viren

Man kann auch Anti-Viren-Programme (digitales Penizillin) zum Entfernen des Boot-Sektor-Virus verwenden. Diese Programme arbeiten in der Regel sehr gut und sind relativ einfach zu bedienen. Diese Programme werden oftmals auch Desinfektor genannt. Diese Desinfektor-Programme wissen, an welcher Stelle des Datenträgers der Boot-Sektor-Virus das MBR abspeichert. Sie überschreiben einfach den Boot-Sektor-Virus mit dem MBR, das sie an dieser Stelle des Datenträgers finden.


Doppelte Infektion des Boot-Sektors

Hier handelt es sich um eine sehr unwahrscheinlich klingende Möglichkeit, die in der Praxis jedoch häufiger aufgetreten ist.
 
Ein gut programmierter Computervirus überprüft immer, ob er den Wirt (MBR oder Datei) bereits infiziert hat. In der Praxis passierte es aber sehr häufig, daß ein Datenträger erst von einem Michelangelo-Virus infiziert wurde und etwas später auch noch von einem Stoned-Virus (oder auch umgekehrt). Der Michelangelo-Virus und der Stoned-Virus haben beide eines gemeinsam:
 
Sie speichern das MBR an der gleichen Stelle des Datenträgers.

Bei einer doppelten Infektion hat dies zur Folge, daß das MBR verlorengeht.
 
Der erste Boot-Sektor-Virus (z.B. Michelangelo-Virus) kopiert sich an die Stelle, wo sich normalerweise das MBR oder der Boot-Sektor befindet. Das tatsächliche MBR wird vom Computervirus vorher an einen anderen Platz auf der Festplatte kopiert. Die neue Stelle, an der das MBR abgespeichert wurde, wird nun vom Computervirus gespeichert. Erst nachdem das MBR kopiert wurde, schreibt sich der Boot-Sektor-Virus an die Stelle des MBR. Wird nun der zweite Boot-Sektor-Virus aktiv (z.B. Stoned-Virus), kopiert auch er zuerst das (vermeintliche) MBR an einen bestimmten Platz auf der Festplatte. Doch tatsächlich hat der Stoned-Virus den Michelangelo-Virus an die Stelle kopiert, an der Michelangelo-Virus das MBR abgespeichert hatte. Da bei diesem Vorgang das MBR überschrieben wird, kann z.B. kein Desinfektor-Programm mehr eingesetzt werden. Ein solchermaßen infiziertes Computersystem kann auch nicht mehr von der Festplatte aus gebootet werden.

Abbildung 7: Funktionsweise einer doppelten Infektion durch einen Boot-Sektor-Virus


Das Booten des Computers

Bereits beim Booten des Computers kann ein Computervirus gestartet werden und die Kontrolle über das Computersystem übernehmen. Zwar kann das rechnerinterne ROM von einem Computervirus nicht verändert werden, aber ein Computervirus kann sich an eine Stelle kopieren, die von der Bootsequenz abgefragt wird.

Die Bootsequenz eines PC´s läuft wie folgt ab:
 


Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar.

Copyright (C) 5/1995 by Howard Fuhs

 

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